Glenfinnan
Ganz im Westen von Schottlands Highlands, kurz bevor man in Mallaig die Fähre auf die Isle of Skye erreicht, liegt im Glen Finnan ein kleiner Ort von großer Magie: Glenfinnan. Am Ufer von Loch Shiel könnte man das Dörfchen beinahe übersehen – hätte es nicht zwei imposante Sehenswürdigkeiten, die sich nun wirklich nicht übersehen lassen. Gemeint sind das Glenfinnan Monument und der Glenfinnan-Viadukt. Während man den Viadukt aus den Harry Potter-Filmen kennt, in denen der Hogwards Express auf seinem Weg in Richtung Norden diese imposante Konstruktion passiert, ist das Glenfinnan Monument so etwas wie ein Geheimtipp unter jenen, die mit dem Begriff Jakobiten-Aufstand etwas anfangen können.
Glenfinnan und der Jakobitenaufstand 1745/46
Unendlich melancholisch thront der Highlander auf der Säule des Glenfinnan Monuments und überblickt den Loch Shiel und markiert damit seit 1815 jene Stelle, an der mit dem Hissen der Standarte von Prinz Charles Edward Stuart 1745 der zweite Jakobitenaufstand begann. Am 19. August 1745 erreichte ein kleines Boot das Ufer von Loch Shiel bei Glenfinnan. An Bord war der schottische Thronanwärter, der als eine der tragischsten Figuren in die Geschichte von Schottland eingehen sollte. Am Ufer traf er auf 50 Soldaten vom Clan MacDonald. Jeder von ihnen war bereit, für den jungen Prinzen, der auch Namen Bonnie Prince Charlie trug, sein Leben zu geben – und jeder von ihnen sollte Gelegenheit dazu bekommen. Bald schon hatte der Prinz 150 weitere Männer um sich gesammelt, die mit ihm in den Kampf ziehen wollten. Um den schottischen Thron von den Engländern zurückzuerobern, war dies aber viel zu wenig.
Erlösung kam in Form von 1.000 Männern des Clans Cameron, die zu den Klängen des Dudelsacks von Norden her nach Glenfinnan marschierten, und 300 Macdonnells. Mit 1.500 Mann fühlte sich der Prinz stark genug, in Glenfinnan seine Standarte zu hissen und zum Angriff zu blasen. Die Jakobiten fühlten sich unbesiegbar. Doch nicht einmal 8 Monate später kam Bonnie Prince Charles wieder an Glenfinnan vorbei - diesmal auf der Flucht.
Die dramatische Niederlage in der Schlacht bei Culloden am 16. April 1746 bedeutete das Ende des Jakobitenaufstandes. 30.000 Pfund waren damals auf den Kopf des „Young Pretenders“ ausgesetzt, doch die Menschen rings um Glenfinnan und in die Highlands gewährten ihm Schutz, sodass es ihm gelang, am Ufer von Loch nan Uamh, ganz in der Nähe von Glenfinnan, wo er einst so siegesgewiss landete, ein Boot zu besteigen, das ihm schließlich die Flucht auf die Isle of Skye erlaubte. Verkleidet als Zofe der Volksheldin Flora MacDonald konnte Prinz Charles Edward Stuart von Glenfinnan aus den englischen Verfolgern entkommen.
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Noch heute markiert „The Prince’s Cairn“ die Stelle, an der der einstige Thronanwärter das schottische Festland verließ – ohne jemals wiederzukehren. Es ist also kein Wunder, dass über Glenfinnan eine melancholische Aura zu liegen scheint.
Dass bereits knapp 50 Jahre nach der Niederlage bei Culloden ein Monument an der Stelle errichtet werden konnte, an der Prinz Charles Edward Stuart einst den Aufstand begann, ist einem reichen Nachfahren eines Jakobiten zu verdanken, der den schottischen Architekten James Gillespie Graham mit der Aufgabe betraute.
Entgegen einer weit verbreiteten Annahme zeigt die Statue im Übrigen nicht den Prinzen selbst, sondern einen der vielen Highlander in Kilt, die für ihn und seine Sache ihr Leben gelassen haben. Seit 1938 ist das Glenfinnan Monument in den Händen des National Trust, der für die Besichtigung ein Eintrittsgeld erhebt. Aber auch von der Straße aus lässt sich das Monument, das sich stolz über dem Ufer des Sees erhebt, bestaunen.
Auf der anderen Straßenseite ragt dann hinter dem Visitor Centre und dem Parkplatz der Glenfinnan-Viadukt in die Höhe, ein eindrucksvolles und seltsam romantisches Eisenbahnviadukt der West Highland Line. Der Viadukt wird auf der Strecke zwischen Fort William und Mallaig überquert und ist ein wahres Meisterwerk der Ingenieurskunst. Der Viadukt bei Glenfinnan wurde zwischen 1897 und 1898 erbaut und 1901 eröffnet. Auf einer Länge von 380 Metern wird der Viadukt von 21 30 Meter hohen Beton-Pfeilern gestützt. Damit ist er eine der ersten großen Stampfbetonbrücken überhaupt.
Sein Erbauer, Robert McAlpine, trägt deshalb bis heute den Spitznamen „Concrete Bob“, was so viel bedeutet, wie „Beton-Bob“. Wenn Sie den Glenfinnan-Viadukt in seiner schönsten Form erleben wollen, lohnt sich eine Fahrt mit dem „Jacobite Steam Train“ zwischen Fort William und Mallaig. Unterwegs mit der Dampflokomotive fühlen Sie sich in das letzte Jahrhundert zurückversetzt – oder direkt in die Harry Potter-Filme. Die Schüler von Hogwards sind schon für diese Fahrt durch die Highlands und über den Viadukt bei Glenfinnan zu beneiden. Weitere Filme, in denen der Viadukt eine Rolle spielt, sind „Die Liebe der Charlotte Gray“ und „Monarch of the Glen“.
Wenn die Fahrt über den Glenfinnan-Viadukt besonders exklusiv sein darf, lesen Sie hier alles über den luxuriösen Zug Royal Scotsman und seine Routen, die auch Glenfinnan passieren.
Weitere Sehenswürdigkeiten Glenfinnan
Ein Besuch in Glenfinnan lässt sich wunderbar mit einer Tour durch die Highlands verbinden – schon allein deshalb, weil es keine andere Möglichkeit gibt, den Ort zu erreichen. Von Glenfinnan aus können Sie wunderbar nach Mallaig weiterfahren und von dort aus die Fähre auf die Isle of Skye nehmen. In entgegengesetzter Richtung liegt Fort William am Fuß des Ben Nevis-Massivs. Ben Nevis ist der höchste Berg Großbritanniens und hat Aktivurlaubern eine Reihe von Herausforderungen zu bieten. Ein kleines Stück weiter südlich liegt dann Glencoe, eines der schönsten Täler von Schottland, dessen tragische Geschichte der Geschichte von Glenfinnan in nichts nachsteht und dann zum ausgiebigen Wandern einlädt.
Anreise Glenfinnan
Glenfinnan liegt an der A830, die Fort William mit Mallaig verbindet und kann so sehr gut mit dem eigenen Auto erreicht werden. Wenn Sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen wollen, bietet die Glenfinnan Railway Station Gelegenheit dazu. Sie liegt unter anderem an der Strecke des „Jacobite Stream Trains“ zwischen Fort William und Mallaig. Von Fort William aus gibt es außerdem eine Bahnverbindung mit der First ScotRail nach Mallaig, die in Glenfinnan hält. Alternativ dazu nehmen Sie den Bus. Von Inverness aus fährt beispielsweise ein Bus nach Lochybridge, wo Sie in den Bus in Richtung Trislaig steigen, der Sie direkt nach Glenfinnan bringt.
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