Glasgow

Roman Zaremba | Dreamstime.com

Glasgow

Glasgow

Im frühen Morgenlicht versprüht Glasgow noch einen Hauch von Zauber.

Wenn wir ganz ehrlich sind, dann ist Glasgow wirklich nicht die schönste Stadt Schottlands. Dunkel, irgendwie zu industriell, irgendwie so fern von allem, was Schottland ausmacht. Doch Glasgow schämt sich dessen nicht. Im Gegenteil: „Glasgow – Scotland with style“ prangt überall das Motto der Stadt in den Straßen. Glasgow ist wie eine Insel in diesem Land, eine Insel, die all das ist, was der Rest nicht ist. Das erweckt zunächst vielleicht keine großen Sympathien für diese Stadt, denn wer in den Norden Großbritanniens reist, der hat Vorstellungen von einsamen Bergseen, wildromantischen Gipfeln und hartgesottenen Schotten, die im Kilt durch die Moorlandschaft stapfen.

Doch auf den zweiten Blick ist Glasgow wesentlich besser als sein Ruf. Nicht umsonst kommen die meisten schottischen Künstler, Musiker und Berühmtheiten aus Glasgow. Die Stadt ist das kulturelle, moderne Herz des Landes. Es schlägt laut, es vibriert, es kennt Abgründe und Leidenschaften und setzt manchmal eine beinahe selbstzerstörerische Kraft frei, die immer dann zutage tritt, wenn Katholiken und Protestanten aufeinandertreffen. Was im restlichen Großbritannien beinahe keinerlei Bedeutung mehr hat, kann in Glasgow ein Anlass für heftige Kämpfe sein. Glasgow ist eben auf seine Art wild und ungebändigt, ein roher, ungeschliffener Diamant, der denen Angst macht, die ihn nicht kennen – und denen sehr ans Herz wächst, die sich auf seinen besonderen Charme einlassen.

Die Anfänge der Geschichte von Glasgow

Ob man Glasgow mag oder nicht, hängt ein bisschen davon ab, ob man die Stadt als das akzeptiert, was sie ist und schon immer war: eine Arbeiterstadt. Mit dem Glanz der royalen Städte Edinburgh, Perth und Stirling konnte und wollte Glasgow nie mithalten. Die ersten Menschen, die hier siedelten, waren einfache Fischer. Jahrtausendelang wussten die Menschen die Lage der heutigen Stadt am Fluss Clyde zu schätzen und fanden hier optimale Bedingungen zum Fischfang vor. Um 80 n. Chr. kamen die Römer ins heutige Glasgow. Bis hierher verschoben sie die Grenze, die das römische Reich vom wilden Land der Pikten trennte.

Der Antoniuswall war ein Versuch, den Hadrians Wall nach Norden zu verschieben und den Einfluss der Römer weiter auszudehnen. Nur 40 Jahre lang konnte sich dieser aus Stein, Holz und Grassoden errichtete Wall an der schmalsten Stelle Schottlands, am Central Belt, behaupten. Um 182 n.Chr. fiel das Land zurück in die Hand der Pikten und die Grenze des römischen Reiches wanderte gen Süden, zurück an die alte Tyne-Solway Firth-Linie. Wir wissen nicht viel über die weitere Entwicklung des heutigen Glasgow. Die Pikten kannten keine Schrift und beinahe nichts ist aus den nächsten 1.000 Jahren überliefert.

Dann wurde mit dem Bau der St. Mungo’s Cathedral von Glasgow begonnen – und Glasgow tauchte wieder auf den Landkarten der Welt auf. Innerhalb von 400 Jahren gewann die Stadt an Macht und Einfluss und entwickelte sich zu einem bedeutenden religiösen und akademischen Zentrum und zu einem wichtigen Umschlagplatz für den Überseehandel. Die Güter für ganz Schottland wurden über den Clyde nach Glasgow gebracht, von wo aus sie in alle Teile des Landes, bis nach Edinburgh, weiterverbreitet wurden. Das war der Beginn der Industriestadt Glasgow.

Im Zentrum des Britischen Empires wurde es zum Zentrum für den Handel mit den britischen Kolonien in aller Welt. Tabak aus Amerika, Zucker aus der Karibik, Baumwolle, Kohle und Eisen wurden hier verschifft und angeliefert – und jeder wollte ein Stück vom Kuchen abhaben. Als „zweite Stadt des Empires“ (nach London) zog Glasgow zahllose Gastarbeiter an und wurde zu jenem Melting Pot der Kulturen, der es noch heute ist. Arbeiter aus allen Teilen Schottlands, Irlands und Europas kamen hierher, um dabei zu sein, als Glasgow während der Industriellen Revolution seinen Zenit erreichte.

Höhepunkt und Fall in der Geschichte von Glasgow

Seine industrielle Vergangenheit hat Glasgow stark geprägt.

Noch heute legen Prachtbauten – wenn auch etwas in die Tage gekommen und verwahrlost – Zeugnis davon ab, dass Glasgow einst eine der reichsten Städte der Welt war. Parks, Museen und Bibliotheken wuchsen überall in der Stadt aus dem Boden und zeigten aller Welt den Wohlstand, der hier heimisch war. Wer konnte, kam nach Glasgow. Es war die Stadt der Verheißungen und wirkte wie ein Magnet für die Menschen, die aus den ländlichen Regionen Schottlands auf der Suche nach Arbeit in die Städte kamen. Und selbst mit ihnen war der Bedarf an menschlichen Ressourcen, den diese gewaltige Maschine hatte, kaum zu decken. Es ist für uns heute vielleicht nur sehr schwer vorstellbar, doch damals muss es phantastisch gewesen sein, durch die Straßen von Glasgow zu laufen, zu sehen, wie der Reichtum der Stadt dazu führte, dass auch Kunst und Kultur florierten, Galerien und Universitäten aus dem Boden wuchsen und alles möglich zu sein schien.

Erst mit dem Ersten Weltkrieg endete diese aufregende Zeit des nie enden wollenden Wachstums. Noch immer wurden in Glasgow Schiffe und Züge gebaut, doch für viele Firmen wurde es günstiger, ihre Waren anderswo produzieren zu lassen. Die einst zweitmächtigste Stadt des Empires wurde sich selbst überlassen. Stiefmütterlich behandelt ging Glasgow nach und nach ein. Stahlwerke, Kohleminen, Motorwerke und andere Schwerindustrie wurde nach und nach geschlossen und in den 1980er Jahren wurde aus der Stadt, die einst Arbeit und Wohlstand versprochen hatte, ein Hort der Massenarbeitslosigkeit. Glasgow und seine Bewohner waren den Verfall anheim gegeben. So, wie die Stadt allmählich herunterkam, so verfielen die Bewohner dem Alkohol und der Trostlosigkeit. Den Tiefpunkt erreichte die Stadt zu Beginn der 1990er Jahre. Seitdem hat sie sich erholt: Die Stadt hat viel Geld investiert, um ihren Ruf aufzupolieren – die Kampagne „Glasgow – Scotland with Style“ ist ein Teil davon – die alten, ehrwürdigen Gebäude zu renovieren und restaurieren und der Stadt ein freundlicheres Gesicht zu verleihen.

Liebens- und lebenswertes Glasgow

In den letzten 20 Jahren hat sich Glasgow gemausert - sehr zu seinem Vorteil.

Seine industrielle Vergangenheit kann und will Glasgow nicht leugnen, doch in den letzten Jahren ist eine neue Kultur dazu gekommen, eine Kultur, die Künstler, wie Amy McDonald, Martin & James und Jim Kroft hervorgebracht hat, die lebendig ist, bunt und voller Lebenslust. Glasgow ist eine Stadt geworden, die heute liebens- und lebenswert ist und ist nicht ohne Grund auf Platz 3 der Travellers‘ Choice Awards 2013 von tripadvisor gelandet. Wer Glasgow eine Chance gibt, der wird dafür belohnt werden.

Ein kleiner Hinweis zum Schluss: In Glasgow spricht man das sogenannte Glaswegian, einen fast unverständlichen schottischen Dialekt, der sogar Englisch-Muttersprachlern mitunter Probleme bereitet. Wenn Sie die Glaswegians also nicht gleich verstehen, ist das kein Grund, zu verzweifeln. Im Allgemeinen handelt es sich um ein sehr freundliches, hilfsbereites Völkchen, dem es nichts ausmacht, sich zum besseren Verständnis zu wiederholen.

Weitere Sehenswürdigkeiten Glasgow

An Sehenswürdigkeiten aus der bewegten Geschichte Glasgows mangelt es wahrlich nicht. Wer mit offenen Augen durch die Stadt geht, wird überall bemerkenswerte Architektur entdecken. Die älteste Kirche der Stadt, die St. Mungo Cathedral, ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Weitere architektonische Highlights der Stadt sind die Glasgow City Chamber, die Zeugnis vom einstigen Reichtum der Stadt ablegt, die University of Glasgow und das Scottish Exhibition and Conference Centre, das dem Opernhaus in Syndey nachempfunden ist.

Wenn Sie Ihren Schottland-Urlaub mit einem Besuch im Museum würzen wollen, bieten sich dafür in Glasgow zahlreiche Möglichkeiten. Moderne Kunst herausragender (noch lebender) Künstler sehen Sie zum Beispiel im GOMA, der Gallery of Modern Art. Schottische Kunst erwartet Sie im Hunterian Museum, wo schottische Künstler und Kunstwerke aus den letzten zwei Jahrhunderten ausgestellt werden. Ungewöhnlich ist das Kelvingrove Museum and Art Gallery, verbindet es doch naturhistorische Ausstellungsstücke mit Gemälden und verschiedenen wechselnden Sonderausstellungen. Wenn Sie mehr vom einstigen Reichtum der Stadt sehen wollen, besuchen Sie die Parks von Glasgow, etwa den wirklich schönen Kelvingrove Park oder den Botanical Garden mit seinen beeindruckenden Gewächshäusern.

Haben Sie dann genug von der Stadt, lassen Sie Glasgow links liegen, und fahren sie in die Trossachs, den Nationalpark rings um Loch Lomond, der nur eine gute halbe Stunde Autofahrt von Glasgow entfernt ist. Dort sind Sie zwar noch nicht in den schottischen Highlands angelangt, doch schon jetzt sind die Berge und Seen absolut bezaubernd.

Anreise Glasgow

Die Anreise nach Glasgow erfolgt am besten mit easyJet von Berlin-Schönefeld aus. Jeden zweiten Tag gibt es hier einen Direktflug nach Glasgow (immer im Wechsel mit Edinburgh). Alternativ erreichen Sie Glasgow von Salzburg aus. Vom Flughafen Glasgow International Airport (ca. 10 Kilometer südwestlich des Zentrums) aus verkehren zwei Buslinien zur zentralen Busstation Buchanan Bus Station. Dort befinden Sie sich bereits im Herzen der Stadt und können zu Fuß und mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf Erkundungstour gehen.

Billigfluggesellschaften fliegen außerdem Glasgow Prestwick Airport an, der knapp 60 Kilometer südlich von Glasgow liegt. Mit dem Zug brauchen Sie von hier aus etwa 30 Minuten zur Glasgow Central Station. Alternativ dazu fliegen Sie (z. B. mit Lufthansa) nach Edinburgh und nutzen dann den Airlink100, die regelmäßige Busverbindung, die alle 15 Minuten zum Bahnhof Edinburgh Waverly Station fährt. Von dort aus geht es mit dem Zug in weniger als einer Stunde nach Glasgow.

Wer mit dem Auto nach Glasgow anreisen will, nimmt am besten die Fähre nach Newcastle upon Tyne in Nordengland und überquert die Grenze nach Schottland auf der M77.



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