Rockinvasion UK - die Britische Hardrock & Heavy Metal Geschichte
Großbritannien – der Geburtsort von klassischem Heavy Metal und Hard Rock. Bereits im Jahr 1970 tauchte Heavy Metal erstmals als Gattungsbegriff zur Beschreibung eines Musikstils auf, als der Rezensent „Metal Mike Saunders“ im „Rolling Stone Magazin“ das erste Album „As Safe As Yesterday Is“ der ein Jahr zuvor von Steve Marriott (1947-1991) gegründeten englischen Hardrock-Band Humble Pie derart klassifizierte.
Der Begriff Heavy Metal innerhalb der Musikbranche wurde auch einige Jahre zuvor von der US-Kanadischen Band Steppenwolf in ihrem legendären Lied „Born to be Wild“ angewendet. Dieser klassische Rocksong wurde 1968 auf ihrer ersten Langspielplatte veröffentlicht und enthielt die seither berühmte Textzeile: „I like smoke and lightnin’, heavy metal thunder.”
Rein technisch gesehen wurde der Begriff „Heavy Metal“ bereits 1839 geboren, um eine lose zusammenhängende Gruppe von Schwermetallen zu beschreiben, die häufig als giftig für den Menschen definiert sind. Mehr als ein Jahrhundert später fand der Begriff Schwermetall seinen Weg in die Literatur.
In Bezug auf die Figur „Uranian Willy: The Heavy Metal Kid“ aus dem 1961 erschienenen Roman „The Soft Machine“ gab der für seine Drogeneskapaden bekannte Autor William S. Burroughs an, dass für ihn Heavy Metal so etwas wie der ultimative Ausdruck von Sucht sei.
Eine würdige Einleitung für einen Musikstil, der die Welt wenige Jahre später erobern würde. Sucht, Leidenschaft und Passion – man ist Heavy Metal und Hard Rock Fan mit Leib und Seele.
Hardrock und Heavy Metal: Vater und Sohn oder zwei Brüder im „giftigen“ Geiste?
Die Wurzeln des Hardrock lassen sich bis in die späten 1940er- und frühen 1950er-Jahre zurückverfolgen, als stilbildende Schlüsselelemente des „Electric Blues“ wie ein rauer und deklamatorischer Gesangsstil, schwere Riffs und längere Soli der Gitarre/n, ein starker Drumbeat, dichte Textur und aufreizende Auftritte die bedeutenden Grundlagen für dessen Charakter legten.
Treibende Rhythmen mit klar akzentuierten Schlägen auf Basstrommel, Snare sowie Becken, eine mit dem Schlagzeug sowie den Rhythmus- und Leadgitarren spielende Bassgitarre, verzerrte Gitarrensoli und knurrender, klagender und schreiender Gesang in hohen Tonlagen oder mit Falsettstimme zeigen eindeutig die Herkunft und Verwandtschaft von Blues, Hardrock sowie Heavy Metal.
Bis in die späten 1960er-Jahre wurden Hardrock und Heavy Metal häufig noch synonym verwendet, aber angesichts vieler neuer Bands vor allem in Großbritannien und den USA wurden die Stile stärker differenziert und trotz unverkennbarer „Familienzugehörigkeit“ als eigenständige Genres eingestuft.
Als Unterscheidungsmerkmale dienten bzw. dienen dabei neben der Lautstärke und Intensität bei der Darbietung auf den Bühnen die noch erkennbare oder kaum noch hörbare Ähnlichkeit mit typischen Strukturen von Blues und Rock 'n' Roll:
Während beim Hardrock der Blues und Rock 'n' Roll durch eher eingängigere Hooklines (Melodien) mit klaren Akkordfolgen sowie einem gewissen Swing bei Riffs und Rhythmen deutlich präsent sind, zeigt/e sich Heavy Metal weniger melodisch, dafür aber industrieller, maschineller und monotoner.
Trotz dieser Abgrenzung existieren Hardrock und Heavy Metal seitdem nebeneinander, wobei die Bands häufig an der Grenze zwischen den beiden Genres stehen oder diese überschreiten.
Die 1960er-Jahre: Schon vor dem Sturm herrschte keine Stille in Großbritannien
Anders als die Erschaffung der Schöpfung, die laut schriftlicher Überlieferung angeblich nur sechs Tage dauerte, benötigten Hardrock und Heavy Metal etwas längere Zeit in der „Ursuppe“, bevor sie ihren ersten Auftritt auf der Weltbühne hatten. Die eigentliche Reise zu den Anfängen der bis beiden heute global populären Musikstile beginnt in den 1960er-Jahren.
Schon die erste Hälfte des musikalisch sowie gesellschaftlich so ereignisreichen Jahrzehnts erlebte eine historisch unvergleichliche Explosion der Popmusik. Vorreiter wie die Beatles, Rolling Stones, The Who und The Kinks bildeten als Erben und Nachfolger von Elvis Presely und Little Richard die dritte Generation des Rock 'n' Roll.
Jede dieser berühmten Bands trug zur Schaffung des Archetyps „Rockband“ bei: laut, unberechenbar, rebellisch und sogar gefährlich. In der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre begann dann die nächste Generation von Rockstars die ersten Samen für prototypischen Heavy Metal zu säen.
Hardrockbands wie Cream, Led Zeppelin, Pink Floyd und Jimi Hendrix Experience ließen sich von Blues und Rock 'n' Roll inspirieren und lieferten den Soundtrack für eine Jugend, die durch soziale Missstände, starre Politik und den Vietnamkrieg zunehmend verunsichert war.
Was diese Bands von „zahmeren“ Vorgängern unterschied, war auch der technologische Fortschritt, der völlig neue Dimensionen der Klangerzeugung ermöglichte. Bands wie Thin Lizzy, Judas Priest und Queen waren nicht nur um einiges lauter, sondern flochten teils auch unverblümte Sozialkritik in ihre Texte ein.
Die 1970er-Jahre: Götterdämmerung, Aufstieg, Konkurrenz zu Punk und New Wave
Das Vereinigte Königreich war die Keimzelle der ersten Heavy-Metal-Welle, die Ende der 1960er-Jahre entstand und Anfang der 1970er-Jahre eine erste Blütezeit erlebte. Zu den vielen britischen Bands, die damals begannen und von den Kritikern bald überschwänglich gelobt wurden, zählten insbesondere Black Sabbath, Deep Purple und Led Zeppelin.
Die Popularität des Genres Heavy Rock schuf speziell in Großbritannien eine Fangemeinde mit starken Verbindungen zu Psychedelia, Hippie-Ideen und Biker-Subkultur.
Doch alle diese Bands hatten auch schwerwiegende Krisen zu meistern: Led Zeppelin wurden von heftigen Unstimmigkeiten unter den Mitgliedern geplagt und reduzierten ihre Aktivitäten drastisch, Black Sabbath entließen ihren charismatischen, aber chronisch unzuverlässigen Sänger Ozzy Osbourne und bei Deep Purple führte interne Streitigkeiten schließlich zur Auflösung.
Dadurch verlor die Bewegung viel Schwung und Medieninteresse, das sich auf neue und lukrative Märkte wie Disco, Glam, Punk, New Wave und elektronische Musik stürzte. Genau wie zahlreiche Rock-Bands und erfolgreiche Musikgruppen der frühen bis mittleren 1970er-Jahre wurden jetzt viele Heavy-Rock-Bands von einer in Punk und New Wave frisch verliebten Presse häufig als schwerfällige Dinosaurier betrachtet.
Manche Autoren und Beobachter erklärten voreilig sogar den endgültigen Untergang von Hardrock und Heavy Metal, was sich aber gemäß dem alten Motto, nach dem Totgesagte länger leben, als kurzsichtig und verfrüht erwies.
Exkurs: Motörhead als gemeinsamer Nenner von Hardrock, Heavy Metal und Punk
Keine Abhandlung über die härteren und schwereren Spielarten britischer Rockmusik wäre ohne eine ausführliche Nennung und Würdigung von Ian Fraser „Lemmy“ Kilmister (1945-2015) sowie dessen bei Musikfans auf aller Welt hoch verehrten Band Motörhead (1975-2015) auch nur ansatzweise vollständig.
Der nicht nur äußerlich einzigartige, eigensinnige und humorvolle sowie aufgrund seines Geburtsdatums an Heiligabend häufig als Heiland des Hardrock und Heavy Metal bezeichnete Bandleader, Bassist, Sänger und Songwriter sowie einziges ständiges Mitglied von Motörhead wurde maßgeblich vom Rock 'n' Roll und laut Eigenaussage von den frühen Beatles beeinflusst, was ihn ab den frühen 1960er-Jahren in mehrere wenig bekannte Rockgruppen führte.
Er arbeitete als Roadie für Jimi Hendrix, bevor er 1971 der Band Hawkwind beitrat und bei deren Hit „Silver Machine“ die Leadstimme sang. 1975 wurde er nach einer Verhaftung wegen Drogenbesitzes aus der Band entlassen. Im selben Jahr gründete er Motörhead. Der Erfolg der Band erreichte in den Jahren 1980 und 1981 seinen Höhepunkt mit der Hit-Single „Ace of Spades“ und dem Livealbum „No Sleep 'til Hammersmith“, welches die Charts in vielen Ländern stürmte.
Motörhead, die meist dem Heavy Metal zugerechnet wurden, haben viele spätere Bands besonders der Genres Thrash und Speed Metal stark beeinflusst. Lemmy bestand jedoch stets darauf, dass sie eigentlich nur Rock 'n' Roll spielen würden und viel mehr mit Punk gemeinsam hätten.
Mit ihrem speziellen Sound waren und sind Motörhead sowohl in der Punk- als auch in der Metalszene beliebt und werden oft als Pioniere und Vorläufer der „NWOBHM“ angesehen, die in den 1970er- und 1980er-Jahren für frischen Schwung sorgte.
Die 1980er-Jahre: Als Großbritannien wieder eine neue wichtige Welle beherrschte
Als die spätere inoffizielle Nationalhymne „Rule, Britannia!“ 1740 von David Mallet, James Thomson und dem Komponisten Thomas Augustine Arne als patriotisches Lied für Armee und Marine geschrieben wurde, dachten die drei wohl nicht daran, dass eine ganz andere musikalische Welle fast 250 Jahre später zunächst für einiges Aufsehen in Großbritannien und dann auch im Rest der Welt sorgen würde.
Die gemeinhin zu NWOBHM abgekürzte „New Wave of British Heavy Metal“ war eine Musikbewegung, die gegen Mitte der 1970er-Jahre in Großbritannien begann und ab den frühen 1980er-Jahren auch internationale Aufmerksamkeit erlangte.
Geprägt wurde der Begriff 1979 von der Zeitschrift Sounds, um neue Heavy-Metal-Bands zu beschreiben, als Punkrock im Niedergang begriffen war und New Wave schon dominierte. Trotz verschiedener Stile war die NWOBHM vor allem dafür bekannt, dass sie Heavy Metal mit Punkrock für schnelle und aggressive Songs verband.
Die Haltung der neuen Bands führte zu vielen rau klingenden, in Eigenregie produzierten Aufnahmen und zahlreichen unabhängigen Plattenlabels. Die Songtexte handelten oft von eskapistischen Motiven wie Fantasy, Horror, Mittelalter und Mythologie.
Wie der Hardrock der 1960er war auch die NWOBHM Ausdruck sozialer Probleme
Die NWOBHM begann als Untergrundphänomen, das sich parallel zum Punk entwickelte, aber anders als dieser von den Medien zunächst geflissentlich ignoriert wurde. Erst durch die intensive Promotion von einigen DJs und wenige Presseartikel gelangte die Bewegung ins öffentliche Bewusstsein und erlangte im Vereinigten Königreich Ausstrahlung im Radio Anerkennung sowie kommerziellen Erfolg.
Die Bewegung umfasste mehrheitlich junge, weiße und männliche Musiker sowie Fans aus der Arbeiterklasse, die nach der Rezession der frühen 1970er-Jahre unter Arbeitslosigkeit litten.
Als Reaktion auf ihre trostlose Realität schufen sie eine Gemeinschaft, die sich von der Mainstream-Gesellschaft abgrenzte, um mit Gleichgesinnten ihre Lieblingsmusik laut zu hören.
Die Welle wurde wegen des Hypes, der später von den Medien zugunsten eher unbegabter Musiker erzeugt wurde, auch heftig kritisiert. Nichtsdestotrotz führte sie zur Erneuerung des Heavy Metal und förderte die Mode der Subkultur, die mit der Musik bald im Rest Europas sowie in den USA und Japan von Fans adaptiert wurde.
Es entstanden ungefähr 1.000 neue Bands, aber nur einige wenige überlebten bis zum Ende der 1980er-Jahre. Von diesen wurden Def Leppard, Iron Maiden, Whitesnake, Motörhead und Saxon zu internationalen Stars und hatten beachtlichen Erfolg.
Anderen Gruppen wie etwa Diamond Head, Raven und Venom blieb dieser versagt, sie hatten aber großen Einfluss auf die extremen sowie erfolgreichen Unter- und Subgenres der 1990er-Jahre. Viele NWOBHM-Bands fanden sich in den 2000er-Jahren erneut zusammen, spielten Konzerte und nahmen Alben auf.
Die 1990er-Jahre bis heute: Musiksender und Internet wurden zu neuen Herrschern
Als der Musikvideokabelsender „MTV“ im Jahr 1982 seinen Sendebetrieb aufnahm, nahm die Bedeutung von Videoclips auch im Vereinigten Königreich schlagartig zu und machte Videos vom gelegentlichen Werbe- zum unverzichtbaren Mittel, um Publikum zu erreichen.
MTV ließ häufig Hardrock- und Heavy-Metal-Videos laufen, die jedoch für Bands ohne Plattenvertrag oder solche bei kleinen Labels viel zu teuer waren. Außerdem legte der Sender großen Wert auf die visuelle Attraktivität und Erscheinung der Bands, ein Bereich, in dem seinerzeit manche britische Gruppen Defizite aufwiesen.
Zwar ließ die NWOBHM bis heute existente Musikmagazine exklusiv für Hardrock und Heavy Metal wie „Kerrang!“ in Großbritannien und „Metal Hammer“ in Deutschland entstehen und NWOBHM-Bands wie allen voran Def Leppard erreichten mit melodischen und radiotauglichen Songs ein breiteres internationales und auch weibliches Publikum.
Doch die Zeit als verschworene Gemeinde mit Low Budget und Underground war für die meisten Bands gegen Mitte der 1990er-Jahre endgültig vorbei. Gruppen wie Angel Witch, Tygers of Pan Tang und Samson konnten nicht an ihre einstigen Erfolge anknüpfen. Versuche, sich an neue Erwartungen anzupassen, scheiterten und entfremdeten treue Fans.
Mit dem globalen kommerziellen Erfolg von R&B, Hip-Hop, Rap, Grunge und Britpop in den 1990er-Jahren begannen Hardrock und Heavy Metal langsam auch in Großbritannien an Popularität zu verlieren.
Trotzdem übernehmen britische Bands seit der Jahrtausendwende immer wieder den klassischen Hardrock-Sound und es gibt erneutes Interesse an etablierten Bands sowie Gründungen neuer Hardrock- sowie Heavy-Metal-Bands wie etwa von Thunder in London, die aus der Garage-Rock- und Post-Punk-Szene hervorgingen.
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