Guernsey

Daniel Boiteau | Dreamstime.com

Guernsey

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St. Peter Port ist der quirlige Hauptort von Guernsey.

Guernsey, die zweitgrößte der Kanalinseln, ist ein blühendes Eiland von pittoresker Schönheit, das dem wilden Tosen des Atlantiks vor der Haustür zu Trotz wahre Idylle ausstrahlt.

Mit gerade einmal 78 Quadratkilometern ist Guernsey gerade so groß, dass man angenehme zwei Wochen dort verbringen kann, ohne sich zu langweilen, und trotzdem nicht unter dem Druck steht, täglich Bäume ausreißen zu müssen. Vielleicht liegt es genau daran, dass man nach einigen Tagen auf Guernsey das Gefühl hat, dass die Uhren anders – langsamer – gehen und dass ein Tag nun so viel mehr Stunden hat, als wir im Alltag oftmals glauben.

Diese zusätzlichen Stunden verbringt man hier mit Streifzügen über die Insel, mit Spaziergängen entlang der Steilküste, mit Wanderungen über die sanfte Hügellandschaft, die von kleinen Steinmauern durchzogen wird, und mit verträumten Nachmittagen in den Küsten- und Fischerdörfern. An den weißen Sandstränden vergisst man dann die Zeit vollends und beobachtet nur noch träge, wie die weißen Segelboote vor der Küste kreuzen.

Am Abend zieht es die Bewohner und Besucher von Guernsey in die Pubs, die sich auch hier – an diesem südlichen Außenposten – sehr britisch präsentieren, und in den Hauptort St. Peter Port, wo das Herz der Insel schlägt. Sorgen hier tagsüber Bistros, Restaurants und Boutiquen für Geschäftigkeit, sind es abends die Bars mit Blick auf den Hafen. So verschmelzen französisches Savoir-vivre und englische Lebensart zu einem erholsamen Urlaubserlebnis.

Guernseys Schönheiten zu Fuß erkunden

Castle Cornet ist ein unverwüstlich scheinender Zeuge der Geschichte von Guernsey.

Das Schöne an Guernsey – wie auch an den drei anderen Kanalinseln – ist, dass man keinen Fuß mehr in ein Auto oder in ein öffentliches Transportmittel setzen muss, sobald man den kleinen Inselflughafen verlassen hat. Die Insel lässt sich nämlich wunderbar zu Fuß erkunden. Bei Bedarf können Sie zwar in einen der Busse steigen, die die Insel umrunden und dabei alle wichtigen Punkte anfahren (und sich dabei von den Einheimischen in ein gemütliches Gespräch verwickeln lassen), doch wer gerne viel läuft, kommt hier voll auf seine Kosten.

Spaziergänge und Küstenwanderungen sind zugleich auch die beste Möglichkeit, mit der Insel auf Tuchfühlung zu gehen und ein Gespür für die Schönheit dieser Landschaft zu bekommen, die im Großen ebenso existiert, wie im Detail. Mit ihren wild wachsenden, subtropischen und zum Teil auch sehr seltenen Pflanzen, den wunderschönen Wildorchideenwiesen, die im Frühjahr Besucher und Einheimische gleichermaßen bezaubern, und der vollen Blütenpracht, die die Insel im Sommer entfaltet, ist Guernsey ein echtes Paradies für Naturfreunde. Das feiern die Bewohner mit der alljährlichen Flower Parade, während der sie mit bunt geschmückten Wagen durch die Straßen fahren und ihre Blumenkönigin krönen.

Wer mit wachsamen Augen über die Insel wandert, wird auch viele Zeugnisse aus der Geschichte Guernseys entdecken. Was viele nicht wissen: Auf Guernsey befindet sich mit dem Hügelgrab Les Fouaillaiges aus der Jungsteinzeit das wohlmöglich älteste von Menschenhand geschaffene Baudenkmal Europas. Es scheint beinahe absurd zu sein, dass auf einem solch kleinen Flecken Erde, auf dem die Menschen seit mindestens 10.000 Jahren vom Festland abgetrennt lebten und deshalb jeden ihnen zur Verfügung stehenden Quadratkilometer nutzten, ein solches Bauwerk die Zeit überdauert haben soll.

Weitere Funde, die etwa 8.000 Jahre alt sind, sind Zeugnisse der Jäger- und Fischer-, Ackerbau- und Viehzuchtkultur der Insel. Die Römer hinterließen auf Guernsey ebenso ihre Spuren wie die Normannen, die die Insel seit 933 besaßen. Und so ging Guernsey, wie die anderen Kanalinseln auch, nach 1066 in den Besitz der englischen Krone über, die von diesem Tag an der Normanne Wilhelm der Eroberer und seine Nachkommen trugen. Bis heute hat sich die Insel – aufgrund ihrer Isolierung vom britischen und europäischen Festland – das normannische Recht bewahrt und auch in der lokalen Sprache, dem Guernésiais, klingt das Normannische noch durch.

Große und kleine Sehenswürdigkeiten auf Guernsey

Die Little Chapel ist das Wahrzeichen von Guernsey.

Eine bedeutende Sehenswürdigkeit für alle, die sich für die Geschichte von Guernsey interessieren, stellt Castle Cornet aus dem frühen 13. Jahrhundert dar. Es sollte der Verteidigung gegen eine mögliche englische Invasion dienen, nachdem König John I. die Normandie an den französischen König Philip Augustus verloren hatte.

Im Inneren des Castles erwartet Sie ein spannendes Museum. Im Sommer finden hier außerdem viele sehenswerte Freiluftveranstaltungen statt, die vor der Kulisse des Castles ins rechte Licht gerückt werden. Imposante Verteidigungsanlagen gibt es aber auch aus späteren Jahrhunderten – und einige von ihnen sind noch gar nicht so alt.

Im Zweiten Weltkrieg waren die Kanalinseln Teil des Atlantikwalls und so können Sie auf Guernsey noch immer ein wahres Labyrinth an Befestigungsanlagen besichtigen. Viele der Bunker sind inzwischen halb vom Strand verschluckt und werden von der Natur Stück für Stück zurückerobert, die ihnen ein bisschen das hässliche Gesicht nimmt. In diversen Museen und Ausstellungen kann man ein bewegendes Stück Inselgeschichte nachvollziehen. Weniger düster geht es dann zum Beispiel im Victor Hugo-Haus zu, in dem der berühmte französische Schriftsteller 15 Jahre im Exil verbrachte und in dem er einige seiner berühmtesten Werke schrieb.

Heimat der kleinsten Kapelle der Welt

Ein großes und zugleich doch so kleines Highlight der Insel ist die womöglich kleinste Kapelle der Welt, ein Kunstwerk aus Muscheln und Scherben. Die Little Chapel wurde 1914 von einem Mönch als Miniatur-Nachbildung der Grotte von Lourdes begonnen. 1858 soll der heiligen Bernadette in dieser Grotte die Muttergottes erschienen sein. Wann immer wieder von einer Marienerscheinung berichtet wird, schaffen Menschen eine sogenannte Mariengrotte, eine Nachbildung der Höhle von Lourdes. Auch die Little Chapel auf Guernsey ist eigentlich eine solche Mariengrotte – mit der Ausnahme, dass der Mönch Déodat Antoine wohl niemals Zeuge einer solchen Erscheinung geworden ist.

Doch das Wunder von Lourdes wirkte so stark in ihm nach, dass er sich dennoch zum Bau dieser Kapelle entschloss. Bis sie ihre heutige Gestalt erhielt, brauchte es mehrere Anläufe und unendlich viel Arbeit. Déodat Antoine hat die Frucht all seiner Mühen jedoch niemals gesehen, denn bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, als er den dritten Versuch seiner Kapelle beinahe fertiggestellt hatte, ging er nach Frankreich, wo er 1951 starb, ohne die fertige Kapelle noch einmal zu sehen. Da diese Geschichte, über die der Daily Mirror berichtete, aber weltweit Menschen berührten, erhielt Bruder Cephas, der die Arbeiten an der Kapelle fortführte, aus allen Ländern der Erde Porzellanscherben und Perlmuttstücke zugeschickt, mit denen die „Muschelkirsche“, wie sie heute auch oft heißt, fertiggestellt werden konnte. Inzwischen ist sie eine kunsthistorische Besonderheit und die kleinste geweihte Kapelle der Welt.

All das macht Guernsey zu einem ganz besonderen, inspirierenden Ort. Wer sich auf den Lebensrhythmus der Insel einlässt und sich von ihr verzaubern lässt, der wird hier ganz wunderbare Urlaubstage verbringen – und irgendwann sicher wiederkommen.

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P.s. Ein Buchtipp zu Guernsey: Deine Juliet, ein wunderschöner Frauenroman, der in die Zeit der deutschen Besatzung zurückreicht.



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